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Offshore-Windenergie will Grenzen überwinden

Gerade in politisch instabilen Zeiten muss Energiesicherheit ein gemeinsames Ziel der EU sein. Dies ist das Motto der Jahreskonferenz des Verbandes Windenergie Offshore (BWO) in Berlin.
Die Branchenkonferenz der deutschen Offshorebranche steht in diesem Jahr unter dem Motto „Grenzen überwinden“. Am 23. und 24. April treffen sich Mitglieder des Bundesverbandes Windenergie Offshore (BWO) und Partner aus europäischen Ländern in Berlin. Giles Dickson, CEO des europäischen Offshorewindverbandes Wind Europe unterstrich, dass die sichere und erneuerbare Energieversorgung Europas nur durch gemeinsame und koordinierte Anstrengungen zu erreichen sei.

Die EU will bis 2030 die Windenergieleistung auf den europäischen Meeren von zuletzt rund 34.000 auf dann 150.000 MW nahezu verfünffachen − doch dafür braucht es aus Sicht des Branchenverbands deutlich mehr Kapazitäten. Bei den Turbinen etwa müsste sich die Produktion in den kommenden Jahren von derzeit 700 Einheiten pro Jahr nahezu verdoppeln, bei den Fundamenten für die Anlagen auf dem Meer sei sogar eine Vervierfachung notwendig.

Politische Ziele benötigen Umsetzung

Die deutsche Regierung habe sich für den Ausbau der Offshore-Windenergie erfreulich hohe Ziele gesteckt. „Aber politische Ziele und tatsächliche neue Windparks sind zwei verschiedene Dinge“, schränkte Dickson ein. „Deutschland braucht ein besseres Ausschreibungsdesign für die Offshore-Windenergie“, forderte er. Die ungedeckelten negativen Gebote, die Deutschland derzeit anwende, entzögen der Branche zu viel Kapital, das besser in die tatsächlichen Anlagen investiert werde, kritisierte er.

Zudem benötige der Ausbau Investitionen in Häfen, Schiffe und Arbeitskräfte. Auch der Ausbau der Stromnetze an Land müsse weiter beschleunigt werden, um die gesamte Energie aus der Offshore-Windenergie nutzbar zu machen und weitere Verzögerungen beim Ausbau zu verhindern, appellierte Dickson an die deutsche Politik.


Deutschland setzt auf europäische Vernetzung

Staatsekretär Stefan Wenzel aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) bestätigte, dass beispielsweise der Ausbau von Häfen Unterstützung benötige. Für einen möglichst effektiven Ausbau liegen „die Schlüssel in der Zusammenarbeit mit den Nachbarländern“, so der Staatssekretär. Dies werde mit der Anbindung von Offshore-Windparks an mindestens zwei Länder erreicht. Start sei die Energieinsel Bornholm, die Deutschland und Dänemark und Windparks verbinden werde.

Die Energiepreiskrise infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine habe der EU gezeigt, wie wichtig es ist, durch eigene Versorgungsanlagen unabhängiger von Energieimporten zu werden. Bis 2030 soll die Effektivität der Energienutzung verdoppelt werden und die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen verdreifacht werden. Die EU hat daraufhin das Repower-EU-Programm und den Net-Zero-Industry-Act gestartet. Damit soll die Energieeffizienz gesteigert werden und mehr erneuerbare Energieanlagen und ihre Herstellung in Europa verankert werden.

Um die Ausbauziele der EU zu erreichen, müssten noch viele industriepolitische Maßnahmen ergriffen werden, sagte Ina Kamps, Leiterin Offshore Wind für Deutschland und die Niederlande bei BP (British Petrol). Sie kündigte an, dass ihr Unternehmen sich von einem internationalen Erdölunternehmen zu einem Energieunternehmen auch für Erneuerbare zu entwickeln. Deshalb habe man 2023 erfolgreich auf Offshore-Ausschreibungen in Deutschland geboten. „Deutschland wird das Vorbild unserer neuen Geschäftsfelder“, kündigte Kamps an.

Auch die erneuerbaren Energien seien nicht umsonst zu bekommen, sondern erforderten hohe Investitionen in Stromnetze und Erzeugungsanlagen. Daher sollten die kommenden Auktionen qualitative Anforderungen stellen, aber nicht auf die höchstmögliche Zuschlagssumme zielen. Ein stabiles und verlässliches Auktionsdesign müsse rechtssichere Investitionen ermöglichen, die niemanden diskriminieren, forderte Kamps von der deutschen Regierung und der EU.

Über Bundesmittel erhielten die Länder für den Ausbau ihrer Häfen derzeit pro Jahr insgesamt 38 Millionen Euro, sagte BWO-Geschäftsführer Stefan Thimm. Dieser Betrag müsse auf mindestens 400 Millionen Euro pro Jahr verzehnfacht werden, um den deutschen Offshore-Windausbau in der vorgesehenen Leistung von 30.000 MW bis 2030 umzusetzen, sagte Thimm.

MBI/suh/24.4.2024
Erschienen am 24.04.2024
letzte Aktualisierung am 24.04.2024