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20.000 MW neue Leistung/Spanien gibt Startschuss für Offshore-Windparks

Quelle: MBI EnergySource

Spaniens neue maritime Raumordnungspläne eröffnen Chancen für schwimmende Windkraftanlagen. Damit dürfte die Bedeutung der Windenergie im Land weiter zunehmen. Aufgrund der geografischen Verhältnisse wurden Windenergieanlagen in Spanien bisher fast ausschließlich auf dem Festland errichtet. Nun reservieren die neuen Raumordnungspläne knapp 5.000 Quadratkilometer für Offshore-Projekte. Zum Beschluss des Ministerrats von Ende Februar 2023 hat das Umweltministerium detaillierte Informationen bereitgestellt.
Die Wirtschaftszeitung Expansión geht davon aus, dass sich mit den neuen Plänen rund 20.000 Megawatt Leistung installieren lassen. Die Regierung verzichtete auf feste Abstandsregeln und passte die Mindestentfernung an die jeweilige Küstenlinie an. Der Mindestabstand liegt zwischen knapp 2 Kilometer vor Lanzarote und 21 Kilometer im Nordatlantik, wie die Tageszeitung El País berichtete. Die aktuellen Pläne gelten bis zum 31. Dezember 2027 und ermöglichen es, schwimmende Windkraftanlagen zu testen. Bislang wurde die Entwicklung der Offshore-Windkraft in Spanien durch die sehr tiefen Gewässer gebremst, in denen keine festen Fundamente geschaffen werden konnten. Mithilfe der schwimmenden Anlagen will die Regierung eine führende Rolle in der europäischen Offshore-Windkraft erreichen.

Die Windenergiebranche Spaniens hat die neuen Pläne sehr positiv aufgenommen. Nun sind die Gebiete bekannt, in denen Unternehmen Windparks planen und Investitionen mobilisieren können. Für die Branche sind koordinierte Vorschriften besonders wichtig. Die Projektabwicklung braucht aufeinander abgestimmte Genehmigungsverfahren, Nutzungsrechte für den Meeresraum sowie Zugänge zum und Anschlüsse an das Stromnetz. Windenergie ist bereits jetzt eine tragende Säule der spanischen Energieversorgung. Ihre Bedeutung dürfte durch die jüngsten Beschlüsse weiter zunehmen. Die europäische und spanische Energiepolitik geben der Branche ebenfalls Rückenwind.

Die Produktion von Windstrom erreichte im Januar 2023 einen Rekordwert von 7.322 Gigawattstunden. Das entsprach einem Anteil von 32,2 Prozent an der Stromerzeugung auf dem Festland. Spanien verfügt über reichhaltige natürliche Ressourcen für erneuerbare Energien. Zudem sorgt ein Zeitplan für staatliche Auktionen für Planbarkeit. Die jüngste Ausschreibung von November 2022 stieß jedoch nur auf eine sehr schwache Resonanz. Statt 3.300 Megawatt wurden nur 45,5 Megawatt versteigert. In einem Umfeld hoher Inflationsraten und ausgeprägter Unsicherheit hielten sich viele Unternehmen zurück. Ein weiterer Grund dürfte sein, dass Stromabnahmeverträge (power purchase agreements, PPA) lukrativer als die staatlichen Preisvorstellungen sind. Wegen der gut gefüllten Projektpipeline wird die geringe Nachfrage bei der Auktion vom November 2022 in der Branche lediglich als punktueller Dämpfer und nicht als problematischer Dauerzustand gesehen.

Das spanische Infrastrukturunternehmen Ferrovial schmiedet mit dem deutschen Partner RWE weitreichende Pläne. Die Wirtschaftszeitung Expansión berichtete, dass beide Unternehmen vier Windparks errichten wollen. Es handelt sich um vier küstennahe Projekte in Lugo, Pontevedra, Girona und Gran Canaria. Insgesamt sollen die Anlagen auf eine Leistung von 1.750 Megawatt kommen.

Trotz aller Dynamik existieren einige Hindernisse für den Windenergiesektor in Spanien. Diese beziehen sich vor allem auf die Zulassungsverfahren und die Stromnetze. Im Februar 2023 waren Windkraft- und Solaranlagen mit einer Gesamtkapazität von 45.000 Megawatt in Betrieb. Bei zusätzlichen 143.000 Megawatt wurden die Anträge bewilligt, jedoch ging noch keine Anlage ans Netz. Für weitere 32.000 Megawatt liegen Anträge vor, die aber noch nicht genehmigt wurden. Damit übersteigt die Gesamtkapazität der genehmigten und nicht realisierten Projekte die Ausbauziele des Energie- und Klimaplans PNIEC bis 2030 um mehr als das Doppelte. Die bereits erteilten Genehmigungen mit unklarer Umsetzung erschweren massiv die Planung der Kapazitäten für die Zukunft. Bei der Netzplanung richtig zu dimensionieren, ist ein schwieriger Balanceakt für den Netzbetreiber Red Eléctrica.

Indes nehmen die Anforderungen an die Netze zu. Stromnetze müssen für die schwankende Produktion aus erneuerbaren Quellen, den Mehrbedarf durch die Elektrifizierung von Prozessen und Fahrzeugen sowie die Wasserstoffproduktion ertüchtigt werden. Zudem besteht noch Regulierungs- und Harmonisierungsbedarf. Innerhalb der EU geht der Trend zur länderübergreifenden Verbindung von Stromnetzen.   Für mehr Planbarkeit und Berechenbarkeit könnten Aktivitäten sorgen, die keine neuen Netzanschlüsse benötigen. Dazu gehören das Repowering bestehender Anlagen und die Nutzung von mehr Speichertechnik. Manche Branchenunternehmen bemängeln bei Energiespeichern allerdings, dass der rechtliche Rahmen in Spanien im internationalen Vergleich nicht mithalten könne.

MBI/GTAI/aul/27.3.2023
Erschienen am 27.03.2023
letzte Aktualisierung am 27.03.2023