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Diksussion um Eigenkapitalzinsen/Homann und Reiche uneins über Netzrendite

Quelle: MBI EnergySource

Die Bundesnetzagentur will im Herbst die neue Eigenkapitalverzinsung für Strom- und Gasnetze festlegen. Diese werden dann der garantierten Rendite der Netzbetreiber für die Regulierungsperiode 2023 bei Gas und 2024 bei Strom zugrunde gelegt. Doch welche Zinssätze sind marktgerecht und gewährleisten weiterhin Investitionen in die Leitungen? Darüber streiten sich die Branche und die Bundesnetzagentur jetzt schon - wie auch in der Vergangenheit auch teilweise vor Gerichten.

Die Bundesnetzagentur sieht die Investitionsbedingungen für die deutschen Strom- und Gasleitungen attraktiv und tendiert zu einer Senkung der Eigenkapitalzinsen, damit Netzinvestitionen auch bezahlbar bleiben. "Die Investitionen sind durch die Eigenkapitalzinsen gesichert, es gibt genügend Kapital in der Branche", sagte Behördenpräsident Jochen Homann, am Freitag beim digitalen Energiegipfel des "Handelsblatts". Sollte sich das internationale Zinsumfeld aber in Zukunft ändern, wenn beispielsweise die Zinsen steigen, "dann würden wir schnell darauf reagieren", versicherte Homann während einer Diskussionsrunde mit Westenergie-Chefin Katherina Reiche.

Die Netzunternehmen seien nicht üppig mit Kapital ausgestattet, erwiderte Reiche. Investoren schauten weniger in Netze und würden vielmehr in erneuerbare Energieanlagen investieren. "Die Netze müssen attraktiver sein", sagte Reiche. Im internationalen Vergleich seien die Strom- und Gasnetze in Deutschland weniger attraktiv. Die Vorstandsvorsitzende von Westenergie warnte davor, die Eigenkapitalzinsen weiter zu senken. Bis 2050 seien Netzinvestitionen von über 100 Milliarden Euro erforderlich, so Reiche. Die Energiewende in Deutschland sei zwar teuer, dafür seien aber nicht die Netzentgelte in erster Linie verantwortlich, führte Reiche aus. Sie bemängelte, dass Investitionen in die Digitalisierung der Netze nicht hinreichend berücksichtigt würden in der Berechnungsmethodik der Netzagentur. 

Im Herbst vergangenen Jahres hatten mehrere Verbände und die Gewerkschaft Verdi an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) appelliert, die Netzrenditen nicht weiter zu senken. Wenn der Eigenkapitalzinssatz "wie erwartet durch die Bundesnetzagentur in der nächsten Regulierungsperiode gesenkt wird, werden Investitionen in die Netze immer weniger wirtschaftlich und Bestandsinvestitionen entwertet", heißt es in dem Schreiben an Altmaier. Wenn dies so komme, werde sich der wirtschaftliche Druck negativ auf die Beschäftigten auswirken. 

Über die Höhe der aktuell gültigen Eigenkapitalverzinsung (Regulierungsperiode 2019 -2023)hatte es schon einmal Streit zwischen der Bundesnetzagentur und den Netzbetreibern gegeben. Die Auseinandersetzung ging bis vor den Bundesgerichtshof (BGH), der im Juli 2019 im Sinne der Netzagentur entschied. Der BGH bestätigte die Senkung der Netzrendite und hob damit ein vorinstanzliches Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf auf. Insgesamt ging es nach Angaben des Ökostromanbieters Lichtblick um Kürzungen von rund 2,1 Milliarden Euro.

Ali Uluçay

MBI/aul/15.1.2021
Erschienen am 15.01.2021
letzte Aktualisierung am 15.01.2021