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Enercon fordert Kreditfonds und Leuchtturmprojekte

Quelle: MBI EnergySource

Finanzminister Lindner muss jetzt über eine Forderung des Windturbinen-Herstellers Enercon entscheiden, den Windkraft-Ausbau zinsgünstig über die KfW zwischenzufinanzieren.
Der ostfriesische Windturbinen-Hersteller Enercon hat an die Bundesregierung vier Kernforderungen gestellt, um der heimischen Windkraft-Branche zu helfen und den Windkraft-Ausbau zu beschleunigen. Auf den NRW-Windenergietagen in Bad Driburg berichtete Egbert Terholsen vom Enercon-Vertrieb auf einem Podium, folgende vier Forderungen lägen mittlerweile bei Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf dem Tisch:

Die KfW soll einen „Renewables Fund“ auflegen, der Projektentwicklern zinsgünstige Kredite mit einem Zinssatz von 2 Prozent unter Marktniveau gibt. Das Geld soll den Kauf von Windenergieanlagen zwischen dem Zuschlag und deren Genehmigung zwischenfinanzieren. Hintergrund sind die langen Genehmigungszeiten von durchschnittlich zwei Jahren, in denen Komponenten und Logistik gegenüber dem Zeitpunkt des Zuschlags teurer werden, entweder zulasten des Projektierers, wenn es Preisgleitklauseln gibt, oder zulasten des Herstellers. Die KfW fällt in Lindners Ressort.

Der Bund soll eine ungenannte Zahl an „Leuchtturmprojekten“ für Windkraft-Standorte ausschreiben, die bereits 18 Monate nach dem Zuschlag fertiggestellt sein sollen. Die längeren Genehmigungsdauern für Windenergieanlagen gingen nicht an, so Terholsen, während das erste deutsche Flüssigerdgas-Terminal nach gut einem halben Jahr (nach 194 Tagen) fertiggestellt worden sei. Für die Anträge hätten vier Aktenordner gereicht, während für eine Windenergieanlage 20 Ordner nötig seien. Auf die Frage aus dem Publikum, für wie wahrscheinlich er die Umsetzung einer solchen Reform halte, sagte der Enercon-Manager: „Zu 100 Prozent – es muss gelingen!“

Zudem soll der Gesetzgeber beziehungsweise die Bundesnetzagentur den Höchstpreis für die Ausschreibungen 2023 von derzeit 5,88 Cent/kWh um 1,8 Cent/kWh erhöhen. Angesichts der langwierigen Genehmigungen und der Kostensteigerungen rutschten viele denkbare Projekte mit dem derzeitigen Höchstpreis in die Unwirtschaftlichkeit. In den Ausschreibungen dürfen Projektträger derzeit zwischen 0 und 5,88 Cent/kWh fordern. Wegen ihrer absehbaren Unterzeichnung landet der gewichtete Durchschnittspreis am oberen Ende.

Mittelfristig solle der Bund ein anderes, „strategisches“ Ausschreibungsdesign einführen, das eine möglichst hohe Wertschöpfung in Deutschland und Europa honoriert. „Wir müssen aufpassen, dass es noch europäische Hersteller gibt“, sagte Terholsen mit Blick auf die Expansion chinesischer Hersteller nach Europa. Bisher gibt onshore ausschließlich der geforderte Zuschlagswert den Ausschlag. Terholsen erhielt für diese Forderung starken Beifall.
Die Enercon-Pressestelle bestätigte lediglich, dass der Hersteller „in regelmäßigem Austausch mit der Politik auf Landes-, Bundes- sowie europäischer Ebene“ steht. Dabei gehe es vor allem darum, wie sich der Wind-onshore-Ausbau beschleunigen lasse. Details, wem Enercon seine Forderungen ursprünglich auseinandersetzte, nannte das Auricher Unternehmen nicht.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) jedenfalls hatte am Rande einer Rede bei der Weltleitmesse Wind Energy in Hamburg im September ausschließlich den Enercon-Stand besucht. Das Bundesfinanzministerium nahm zunächst zu einer Anfrage dieser Redaktion nicht Stellung.

MBI/geo/18.11.2022
Erschienen am 18.11.2022
letzte Aktualisierung am 18.11.2022