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Energieinfrastruktur muss besser geschützt werden

Auf einem Panel des BDEW-Kongresses stand die Sicherung der Energieversorgung gegen Angriffe aller Art im Fokus. Mehr Zusammenarbeit ziviler und militärischer Experten ist dafür nötig.
Die Sicherung der Energieversorgung hängt nicht nur von Stromerzeugung und Netzausbau ab. Zunehmend leidet auch ihre Infrastruktur unter Angriffen, stellte eine Diskussionsrunde auf dem Berliner BDEW-Kongress fest. Die aktuelle Bedrohungslage der deutschen Energieversorgung umriss Generalleutnant Andre Bodemann, Stellvertreter des Befehlshabers im Operativen Führungskommando der Bundeswehr.

„Wir sind in einer hybriden Phase, nicht mehr im Frieden, aber auch nicht im Krieg“, sagte er. Spionage und Sabotage nähmen deutlich zu, möglicherweise auch die gesteuerte Einwanderung von Agenten. „Das Problem für die Bundeswehr ist, dass noch die Gesetze des Friedens gelten“, sagte Bodemann. Innere und äußere Sicherheit seien aber längst nicht mehr so scharf getrennt, wie im Gesetz vorgesehen.

„Durch Deutschlands zentrale Lage in Europa sind wir ein zentrales Ziel solcher Angriffe und wir wären ein Aufmarschgebiet für Nato-Truppen zur Abschreckung eines Angriffs“, sagte Bodemann. Gerade Energieunternehmen seien bereits Opfer von Angriffen: Ausspähung mit Drohnen, Kabeldiebstahl und Cyberattacken nehmen zu. Durch Desinformation werde versucht, die EU-Bevölkerung gegen ihre Regierungen aufzuhetzen. Russland rüste massiv auf, nicht nur gegen die Ukraine, berichteten Nachrichtendienste.

Bessere Vorbereitung notwendig

„Wir müssen ins Machen kommen, um uns besser zu schützen“, appellierte Bodemann. Die Politik müsste gesetzliche Möglichkeiten zur Abwehr einrichten und die Energieunternehmen sich beispielsweise mit technischen Mitteln schützen. Daher werde es einen „Drone-Day“ geben, bei dem die Abwehr von Drohnen geprobt wird. Polizei und Bundeswehr kämen im Zweifelsfall zu spät, begründete der Generalleutnant die Notwendigkeit für die Unternehmen, eigene Abwehr zu errichten. 

Thomas Werner, Geschäftsführer DNV Energy Systems Germany zur IT-Sicherheit konstatierte, dass das Thema inzwischen in den Unternehmen angekommen sei. Allerdings fehle es oft an personeller Ausstattung und regelmäßigen Schulungen des gesamten Personals, um sich genügend gegen Cyber-Angriffe zu wappnen, kritisierte er.

„Handeln durch Training“, empfahl er Unternehmen, um für den Ernstfall die Partner und nötigen Aktionen zu kennen. Es sei nur eine Frage der Zeit, dass ein Angriff erfolge. Bewusstsein für Bedrohungen müsse durch Wissen um die richtigen Prozesse und das Handeln im Ernstfall ergänzt werden, sagte Werner. Mittel mit wenigen Euro Kosten könnten Anlagen mit Milliardenwert zerstören oder unbrauchbar machen.

Für die EnBW nahm Dirk Güsewell, COO Systemkritische Infrastruktur und Kunden, an der Diskussion teil. Er wünschte sich bundesweit einheitliche Vorschriften und Krisenpläne auch für kleinere Unternehmen. Seine Mitarbeitenden seien bereits sehr gut, bei Störfällen zu improvisieren. Auch hier komme es darauf an, ihnen Entscheidungsmöglichkeiten und Kompetenzen einzuräumen. Deshalb sei dies bereits Teil der Ausbildung im Unternehmen. 

Jürgen Reinert, Vorsitzender des Vorstands der SMA Solar Technology, regte an, auch bei Geräten und Ausrüstungen höhere Sicherheitsmaßstäbe anzulegen. So sei es in Skandinavien nicht mehr erlaubt, in Anlagen mit über 100 kV Leistung chinesische Technik zu verbauen. Er unterstrich auch die Forderung der Bundeswirtschaftsministerin vom Vortag, für wichtige Teile des Energiesystems alternative Lieferketten aufzubauen, um kein „Klumpenrisiko“ zu bekommen.

Der Ukrainekrieg habe bewiesen, dass die Energieversorgung in Sabotage und kriegerischen Handlungen ein zentrales Ziel ist. Da sie die Grundlage einer modernen Gesellschaft ist, muss sie besser geschützt werden, so das Fazit des Podiums.

MBI/suh/5.6.2025
Erschienen am 05.06.2025
letzte Aktualisierung am 05.06.2025