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Größtes deutsches Ostsee-Windprojekt hat Baurecht

Das vorerst letzte Windpark-Projekt in der deutschen Ostsee ist auch das größte: „Gennaker“ vor dem Darß hat jetzt Baurecht. Und das wird nicht nur vom Nabu angefochten.
Nördlich der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst darf der leistungsstärkste Windpark in der deutschen Ostsee errichtet werden: „Gennaker“ mit einer installierten Leistung von 927 MW und in Nachbarschaft des ersten kommerziellen deutschen Ostsee-Windparks „Baltic 1“, der seit 2011 läuft. Das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern erteilte nach eigenen Angaben vom 25. März die Baugenehmigung. Mit dem Windpark sollen auch zwei baugleiche Umspann-Plattformen installiert werden.

Eigentlich hatte das Vorhaben von Skyborn Renewables, der an Global Infrastructure Partners (GIP) verkauften früheren Offshoresparte von WPD, schon 2019 Baurecht gehabt. Aber man wechselte auf leistungsfähigere Windräder vom Typ SG 167-DD (Direct Drive / getriebelos) des Herstellers Firma Siemens Gamesa und musste so das immissionsschutzrechtliche Verfahren mit allen Nebenverfahren neu aufrollen.

Die 103 Windenergieanlagen sollen in geringen Wassertiefen von circa 13,50 bis unter 20 Metern im Küstenmeer gegründet werden. Da es sich um die Zwölf-Seemeilen-Zone handelt, ist das Land für das Baurecht zuständig, nicht das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH).

Woran sich Naturschutz und Tourismus reiben

Gegen die Genehmigung kann innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt und beim Oberverwaltungsgericht Greifswald geklagt werden. Mit Klagen des Naturschutzbundes (Nabu) Mecklenburg-Vorpommern und touristisch geprägter Küstenkommunen, die schon während des Verfahrens grundsätzliche Einwände vorbrachten, ist zu rechnen.

Bei guter Sicht sind vom Strand in Prerow aus die schon existierenden 21 Windräder von „Baltic 1“ etwa 16 Kilometer vor der Küste gut zu erkennen. Negative Auswirkungen auf die Buchungsnachfrage für Hotels und den Campingplatz des beliebten Badeortes wurden der Deutschen Presse-Agentur nicht bekannt.

2019 hatte das Oberverwaltungsgericht in einem Verfahren zum sogenannten Landesraumentwicklungsprogramm Anträge der Gemeinden Zingst, Prerow und Born gegen die Planung von „Gennaker“ abgewiesen. Der Windpark, so der Senat damals, liege mit mehr als 10 Kilometern vor der Küste außerhalb des Gemeindegebietes, sodass die kommunale Planungshoheit nicht verletzt sei. Dass die Windräder von den Gemeinden aus zu sehen sein werden, reiche dafür nicht aus.

Der Nabu wiederum hatte Widerspruch gegen die Baugenehmigung eingelegt, weil er Nachteile für Zug- und Rastvögel durch die Windräder befürchtet. Laut DPA ist darüber noch nicht entschieden.

Nur noch wenig Zubau in der Ostsee

Vor der deutschen Ostseeküste sind derzeit sechs Windparks in Betrieb. Nach Angaben der Deutschen Windguard haben sie eine Leistung von zusammen 1.400 MW. Zusammen mit der Nordsee kommt Deutschland auf eine Offshore-Windenergieleistung von 8.500 MW.

Bis 2030 ist zunächst ein Ausbau bis 30.000 MW geplant, der ausschließlich in der Nordsee stattfinden wird. Der Zubau in der Ostsee ist weitgehend abgeschlossen; es steht im Wesentlichen noch das industriepolitische Projekt „Offshore-Testfeld“ vor Rostock aus, das auf der Stelle tritt.

MBI/geo/26.3.2024
Erschienen am 26.03.2024
letzte Aktualisierung am 26.03.2024