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Kabinett verabschiedet EEG-Novelle 2021/Altmaier stellt höhere Ausbauziele für Ökostrom in Aussicht

Quelle: MBI EnergySource

Die Bundesregierung will das Ökostromziel von 65 Prozent bis 2030 gesetzlich festschreiben. Dazu hat das Bundeskabinett am Mittwoch die vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegte EEG-Novelle verabschiedet. Allerdings schließt Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eine weitere Anhebung der Ökostromziele bis 2030 nicht aus. Die Große Koalition sei sich einig, dass je nach Ausgang der EU-Verhandlungen in Brüssel über die deutschen Vorgaben für Erneuerbare erhöht werden könnten.

Die Frage sei, "ob und wie die Klimaschutzziele auf einzelne Mitgliedsstaaten heruntergebrochen werden". Die EU-Kommission will den CO2-Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent senken anstatt um 40 Prozent. Die Anpassungen in Deutschland sollen dann entweder noch im laufenden Gesetzgebungsverfahren zur EEG-Novelle, oder aber im Anschluss daran erfolgen, kündigte Altmaier anlässlich der Vorstellung der EEG-Novelle in Berlin an. Das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll noch in diesem Jahr von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden und zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Es sieht einen deutlich schnelleren Ausbau von Wind- und Solarenergie vor. Ebenfalls verabschiedet wurde im Kabinett die Novelle des Bundesbedarfsplanungsgesetzes mit Regelungen zum Netzausbau.

Das EEG 2021 soll auch die Kosten für den Ökostromausbau dämpfen. Geplant ist eine schrittweise Senkung der EEG-Umlage von derzeit knapp 6,8 Cent pro Kilowattstunde (kWh) auf 6,0 Cent bis 2022. Minister Altmaier hatte sich zuletzt dafür ausgesprochen, die EEG-Umlage langfristig ganz abzuschaffen. Im EEG wird ein neues Langfristziel Treibhausgasneutralität vor 2050 des in Deutschland erzeugten und verbrauchten Stroms gesetzlich verankert.

Der Ausbaupfad für Erneuerbare bis 2030 sieht eine jährliche Ausschreibungsmenge für Onshore-Wind zwischen 2,9 und 5,8 Gigawatt (GW) vor. Bei Photovoltaik sind es 1,9 bis 2,0 GW und bei Biomasse 500 Megawatt (MW) jährlich. Hinzukommen Photovoltaik- und Biomasse-Anlagen in der Festvergütung. Die installierte Leistung bei Windkraft an Land soll sich von derzeit 54 GW auf 71 GW im Jahr 2030 erhöhen. Die installierte Solarleistung wird auf 100 GW verdoppelt. Neu an dem Gesetz ist auch eine vorläufige Anschlussregelung für Ökostromanlagen, die ab 2021 nach 20 Jahren aus der der EEG-Förderung fallen. Diese Wind- und Solarenergieanlagen sollen übergangsweise die Möglichkeit erhalten, den Strom weiter über den Netzbetreiber zu vermarkten und den Marktwerkt abzüglich der Vermarktungskosten zu erhalten. 

In den Ausschreibungen sollen so genannte Südquoten eingeführt werden, um vor allem den Ausbau der Windenergie in Süddeutschland attraktiver zu machen. Um die Akzeptanz der Onshore-Windenergie zu steigern, sollen künftig Kommunen finanziell an den Anlagen beteiligt werden. Für EEG-geförderte Windkraftanlagen sollen ab 2021 die Anlagenbetreiber 0,2 Cent je Kilowattstunde an die Standortgemeinde bezahlen oder die anwohnenden Bürger sollen von günstigeren Stromtarifen profitieren.

Kritik an der geplanten EEG-Novelle 2021 kommt allerdings von Naturschützern und auch den etablierten Energieverbänden. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßte das Gesetz zwar, forderte aber gleichzeitig nderungen. "Es ist zu erwarten, dass der Bundestag an einigen wichtigen Stellschrauben nachjustiert", erklärte VKU-Chef Ingbert Liebing. Der Stadtwerke-Verband fordert u.a., dass die geplante Windenergieabgabe von allen neuen Anlagen in voller Höhe entrichtet wird und auch Windparks einbezogen werden, die außerhalb des EEG entstehen.

Auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) setzt auf die Bundestagsabgeordneten und hofft auf Nachbesserungen im Parlament. Die EEG-Novelle werde zu einem deutlichen Rückgang des Solarzubaus auf Gebäuden führen, gleichzeitig werde der Weiterbetrieb tausender alter Anlagen nicht gesichert, warnte der BSW. Auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) reagierte enttäuscht auf den Gesetzesvorschlag. "Sie bildet noch nicht die Basis für zukunftsorientierte Wirtschaftsweisen und das Erreichen der Klimaziele", sagte BEE-Chefin Simone Peter. 

Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) erklärte, man rechne wegen der Elektromobilität oder Wasserstoffanwendungen künftig "mit einem um den Faktor 2 und mehr erhöhten Strombedarf". Die Deutsche Energie-Agentur (dena) erwartet ebenfalls Änderungen durch den Bundestag. Nach Einschätzung von dena-Chef Andreas Kuhlmann sind etwa die angenommenen 580 Terawattstunden (TWh) beim Stromverbrauch im Jahr 2030 zu niedrig angesetzt. In der Konsequenz werde zur Erreichung des 65-Prozent-Ziels wahrscheinlich mehr Strom aus erneuerbaren Energien benötigt werden. 

Ali Uluçay

MBI/aul/23.9.2020
Erschienen am 23.09.2020
letzte Aktualisierung am 23.09.2020