Newsletter und Analysen für die Neue Energiewelt seit 2003

Meinung: Deutsche Klimapolitik soll in die Zukunft greifen

Quelle: Süddeutsche Zeitung (Auflage: 391.894) Seite 15 Michael Bauchmüller

Originaltitel: Merkels Bumerang
"Wer in die Zukunft investieren will, muss vom Ende her denken – vom fernen Ziel einer klimaneutralen Welt", schreibt Michael Bauchmüller. Das genau meinte Merkel, als sie den Delegierten aus Saudi-Arabien zu ermutigen versuchte, gleich in die neusten Technologien zu investieren. "Nur ist es ein Bumerang, weil auch diese Koalition allzu oft vom Anfang her gedacht hat: Sie hat den Status quo verwaltet, statt eine saubere Zukunft zu gestalten", findet der Autor.
Meinung von Michael Bauchmüller | "Wer in die Zukunft investieren will, muss vom Ende her denken – vom fernen Ziel einer klimaneutralen Welt", schreibt Michael Bauchmüller. Das genau meinte Merkel, als sie den Delegierten aus Saudi-Arabien zu ermutigen versuchte, gleich in die neusten Technologien zu investieren. "Nur ist es ein Bumerang, weil auch diese Koalition allzu oft vom Anfang her gedacht hat: Sie hat den Status quo verwaltet, statt eine saubere Zukunft zu gestalten", findet der Autor. Es gebe viele Beispiele dafür. Den Siegeszug der Elektromobilität begleite die Koalition zwar mit großen Worten. Die nötige Infrastruktur entstehe aber nur zäh. Stattdessen stellen auch Regierungsvertreter den Diesel als klimafreundliche Alternative zum Benziner dar. Für den EE-Ausbau habe die Bundesregierung Obergrenzen gezogen und verzichte auf einen planvollen Kohleausstieg. Der Steuerbonus, der hierzulande Hausbesitzer zur klimafreundlichen Sanierung locken sollte, versandete, weil Bund und Länder sich nicht darauf einigen konnten, wer die Steuerausfälle trage. Die Folge sei, dass seit Jahren der deutsche Treibhausgas-Ausstoß um die Marke von 900 Millionen Tonnen oszilliere. Er müsste aber eigentlich 2050 schon unter 250 Millionen liegen, 2030 unter 600 Millionen – und bereits 2020 bei 750 Millionen Tonnen CO2.
"Ohne Zweifel hat die Physikerin Merkel die Tragweite des Klimaproblems begriffen, vermutlich sogar wie kaum ein anderer Staats- und Regierungschef", betont Bauchmüller. Er fragt aber zugleich, welchen der klugen Ratschläge an Saudi-Arabien Deutschland beherzige. Der Wandel sei, vom Ende her gedacht, unausweichlich. "Wie bitter wäre es, wenn sich deutsche Politik in der Vergangenheit verstrickt, statt die Zukunft zu greifen", konstatiert Bauchmüller.

Siehe auch: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/merkel-und-der-umweltschutz-klimakanzlerin-a-d-/19836114.html
Erschienen am 24.05.2017
letzte Aktualisierung am 24.05.2017
Auch erschienen in: Handelsblatt (Auflage:127797)