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Milliarden-Zahlungen/EU kündigt Beihilfeverfahren beim Braunkohleausstieg an

Quelle: MBI EnergySource

Die Entschädigungsregeln für den Steinkohleausstieg in Deutschland sind nach Auffassung der EU-Kommission in Ordnung, doch die Beihilfen für die Abschaltung von Braunkohlekraftwerken müssen voraussichtlich rechtlich geprüft werden. So hat die Kommission am Mittwoch die Vergütung für das vorzeitige Abschalten von Steinkohlekraftwerken im Zuge von Ausschreibungen beihilferechtlich genehmigt. Diese Entscheidung sei ein wichtiges Signal und schaffe Planungssicherheit für alle Beteiligten, teilten das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesumweltministerium mit. 

"Die schrittweise Stilllegung von Steinkohlekraftwerken trägt entscheidend zum Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft bei", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in Brüssel. Anreize für die frühzeitige Stilllegung der Anlagen zu bieten und im Rahmen von Ausschreibungen Entschädigungen für ihren Marktaustritt zu gewähren, stünden im Einklang mit dem EU-Beihilferecht. Auktionen könnten die Kompensationszahlungen auf ein Minimum begrenzen und eine übermäßige Verzerrung des Wettbewerbs vermeiden, führte Vestager aus.

Die Genehmigung aus Brüssel kommt damit rechtzeitig vor dem Zuschlagstermin der ersten Ausschreibungsrunde im Dezember und ermöglicht nach Angaben der Bundesregierung die planmäßige Stilllegung von Steinkohlekraftwerkskapazitäten in Höhe von vier Gigawatt noch in diesem Jahr. Die Reihenfolge der Stilllegungen bei der Steinkohle soll bis 2026 nach dem Auktionsverfahren festgelegt werden, ab 2027 soll sie gesetzlich angeordnet werden, wobei für die Abschaltungen ab diesem Jahr keine Entschädigung mehr vorgesehen ist.

Anders sieht es bei den Braunkohlehilfen von 4,35 Milliarden Euro an die Betreiber RWE und Leag aus. Da es sich hierbei nicht um Ausschreibungen sondern um Vereinbarungen zwischen Bund und Unternehmen handelt, will die EU-Kommission die Zuwendungen in einem förmlichen Prüfverfahren untersuchen. Doch die Kommission wartet dabei noch auf die Anmeldung mit entsprechenden Informationen aus Berlin. "Die Kommission steht in dieser Angelegenheit mit den deutschen Behörden in Kontakt", teilte sie mit. Die Einleitung eines Prüfverfahrens werde aber voraussichtlich gerechtfertigt sein.
Nach Angaben der Ministerin für Wirtschaft und für Umwelt verzögert sich dadurch der Kohleausstieg aber nicht. Die EU-Prüfung habe keinen Einfluss auf die Abschaltung von Braunkohlekraftwerken in Deutschland. "Der Stilllegungspfad, der eine erste Kraftwerksabschaltung bereits zum 31.12.2020 vorsieht, gilt nach wie vor und wird umgesetzt", teilten die Ministerien in Berlin mit. 

Grund für die Ungewissheit bei der Braunkohle dürfte sein, dass der Energiekonzern EnBW die Unterzeichnung des Kohlevertrags zum endgültigen Kohleausstieg 2038 verzögert. "Das ist noch offen", hatte EnBW-Finanzvorstand Thomas Kusterer vor knapp zwei Wochen noch in einer Telefonkonferenz anlässlich der Quartalszahlen erklärt. Seit dem Sommer ist demnach keine Einigung möglich gewesen. Hintergrund der Weigerung sind mögliche Entschädigungsforderungen des Braunkohlelieferanten Mibrag gegenüber dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf nahe Leipzig, das je zur Hälfte der EnBW und der Leag gehört. Die EnBW pocht darauf, dass mögliche Forderungen der Mibrag in dem Vertrag mit dem Bund ausgeschlossen werden.

MBI/aul/25.11.2020
Erschienen am 25.11.2020
letzte Aktualisierung am 25.11.2020