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MVV bewirbt sich als Erster um Regelenergie aus Onshore-Windkraft

Quelle: MBI EnergySource

Die spontan einspeisenden Erneuerbaren können das Stromnetz auch stabilisieren - bei Offshore-Wind ist das schon bewiesen. Nun tritt die Mannheimer MVV onshore und bald auch bei PV an. Die MVV Trading - Handelsarm des Mannheimer MVV-Konzerns - meldet die erste Abregelung eines Onshore-Windparks, um testweise Regelenergie abzurufen. Das Unternehmen sei in der Qualifizierung eines ungenannten deutschen Windparks für negative Sekundärregelleistung weit fortgeschritten und biete Betreibern von Windparks an Land demnächst „eine neue Dienstleistung für das Netz, die so bislang noch nicht existierte“, hieß es in einer Konzernmitteilung.
Die gleiche Qualifizierung ist auch für Photovoltaik-Freiflächenparks fürs nächste Jahr geplant, kündigt MVV Trading an. Hohe Regelenergie-Preise im Sommer belegten den Bedarf dafür. Wenn Wind- und Sonnenkraftwerke am Regelenergiemarkt (siehe auch Infokasten unten) teilnehmen, werden sie vom Problem - spontane Einspeisung, spontaner Wegfall einer prognostizierten Einspeisung - zum Teil der Lösung. Das technisch Herausfordernde angesichts der Wetterabhängigkeit ist bei der Sekundärreserve, am Vortag voraussehen zu können, ob man in einem Vier-Stunden-Abschnitt stets genug einspeisen würde, was bei einem Abruf abgeregelt werden würde. Dies erfordert gute Wetterprognosen und natürlich die technische Anbindung an die Leitstelle des ÜNB. Eine Mehreinspeisung bei Abruf, also positive Regelenergie, ist bei Wind und PV dagegen nirgends vorgesehen, weil die Einspeiseprognosen noch zu ungenau sind.

Was der „Regelenergiemarkt“ ist

Im Stromsystem müssen Angebot und Nachfrage zu jeder Sekunde übereinstimmen, andernfalls würde es zusammenbrechen. Wenn der Spotmarkt mit dem Ausgleich überfordert ist, greift der sogenannte Regelenergiemarkt, der nicht so heißt, weil er die Regel ist. Vielmehr soll er die Ausnahme bleiben und nur das System spontan „ausregeln“. Die Regelenergie wird von den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) marktlich ausgeschrieben, und zwar derzeit 22.500 MW positive Regelenergie (Strom-Mehreinspeisung) und 23.700 MW negative Regelenergie (Stromentnahme). Der Markt besteht aus drei Segmenten:
Bei der Primärregelleistung (PRL / FCR) als dem schnellsten Segment steuern die ÜNB rauf- und runterregelbare Kraftwerke, zumeist fossile, aber mittlerweile auch etwa Batterien des Herstellers Sonnen, binnen Sekunden.

Reicht PRL nicht aus, wird Sekundärregelleistung (SRL / aFFR) abgerufen. Ausgeschrieben wird sie täglich bis 9.30 Uhr für Vier-Stunden-Abschnitte des Folgetages. Binnen 30 Sekunden müssen die unter Vertrag genommenen Bieter auf einen automatischen Abruf des ÜNB reagieren, binnen 5 Minuten muss die gesamte Ausschreibungsleistung, mindestens 5 MW, hoch- oder runtergefahren sein und dann 15 Minuten lang gehalten werden. In dem vertraglich gebundenen Vier-Stunden-Abschnitt dürfen die ÜNB später noch mehrmals SRL abrufen. Die SRL ist damit anspruchsvoller als
das in der Abrufreihenfolge hinten stehende Regelenergie-Segment, die Minutenreserveleistung (MRL).

Bei Sekundärreserve und Onshore-Wind dürfte MVV Trading deutscher Pionier sein. Es gibt zwar von anderen viele Pilotprojekte, sie bewegen sich aber in der weniger anspruchsvollen Minutenreserve. Baywa Re und Enertrag hatten 2023 unabhängig voneinander zwar die Qualifizierung von PV-Hybridparks zur SRL gemeldet, diese bezog sich aber auf den Batterieteil (wir berichteten).

Lediglich bei Offshore-Wind gibt es schon seit 2022 einen Sekundärreserve-Anbieter, nämlich Orsted aus ihrem Windpark „Borkum Riffgrund 1“ über den Direktvermarkter und Virtuelles-Kraftwerk-Betreiber Energy2market, eine deutsche Konzerngesellschaft der französischen EDF. Auch hier wird nur vertraglich vereinbart, weniger einzuspeisen, als ursprünglich vorgesehen.

Welche Bedeutung MVV selbst sieht

MVV Trading streicht die Bedeutung ihres künftigen Regelenergieprodukts mit Onshore-Wind heraus: „Die Erneuerbaren übernehmen mehr Verantwortung für ein stabiles Stromnetz sowie für eine kostengünstige Energieversorgung“, erklärt Martin Friedrich, Leiter des Short Term Desks und des Vertriebs. Jan Brübach, Geschäftsführer Markt, ergänzt: „Die Vermarktung von Regelleistung aus Windparks stärkt die Position von MVV Trading als führendem Anbieter im Bereich der Erneuerbaren und unterstreicht das Engagement des Unternehmens für die Energiewende.“ Stephan Erling, Manager Regelenergie-Vermarktung, weist auf die gebündelte Erfahrung aus 6.000 MW Direktvermarktungs-Leistung und 1.000 MW Regelenergie-Leistung hin.

MBI/geo/11.12.2024
Erschienen am 11.12.2024
letzte Aktualisierung am 11.12.2024