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Sachsen drängt auf Abkehr vom Windenergie-Flächenziel

In die laufenden Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU und SPD mischt sich nun die sächsische Infrastrukturministerin ein. Regina Kraushaar (CDU) möchte eine Abkehr vom Flächenziel für den Windenergie-Ausbau durchsetzen. Bundesweit insgesamt zwei Prozent für die Windkraft festzulegen, sei "nicht zielführend".
Das von der abgewählten Ampel-Koalition Anfang 2023 verabschiedete Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) – kurz: Wind-an-Land-Gesetz – setzt den einzelnen Bundesländern klare Vorgaben für das Ausweisen von Vorrangzonen. Für Sachsen gilt, zwei Prozent der Fläche vorzuhalten. Das empfindet die Ministerin in Sachsen als "schwerlich umsetzbar", weil der Freistaat dicht besiedelt und topografisch nicht überall für Windkraft geeignet sei.

In den laufenden Koalitionsverhandlungen gibt es laut Kraushaar die Diskussion, auf ein Ökostrom-Ziel umzuschwenken und damit einen Energie- statt Flächenbeitrag zu leisten. "Es wäre richtig, wenn es den Ländern überlassen bleibt, ob sie den Energiebeitrag durch die Nutzung von Wind-, Sonnen- oder einer anderen erneuerbaren Energiequelle erbringen", so die Staatsministerin auf der Internetseite des Ministeriums.

BWE warnt vor Gefahren für die Investitionssicherheit

Diese Position will sie laut Überschrift der Mitteilung als "Technologieoffenheit" beim Erneuerbaren-Ausbau verstanden wissen. Ohnehin seien durch das Repowering (dem Austausch alter gegen leistungsstärkere neue Anlagen) insgesamt weniger Turbinen erforderlich.

Sachsen zählt traditionell zu den Schlusslichtern unter den Bundesländern beim Windkraftausbau. Insofern überrascht die Wortmeldung der Ministerin nicht. Sie selbst ist allerdings nicht Teil der Arbeitsgruppe "Energie und Klima", in der Union und SPD die energiepolitischen Leitlinien für ihre mögliche Koalition verhandeln. Sachsen ist darin durch Lars Rohwer vertreten, vormals Sprecher für Energiepolitik der CDU im sächsischen Landtag.

Für den Bundesverband Windenergie (BWE) warnt Geschäftsführer Wolfram Axthelm im Gespräch mit der Redaktion davor, die Planungs- und Investitionssicherheit im laufenden Prozess zu gefährden. Den auch in Sachsen zuständigen Trägern der Regionalplanung, die die Flächen festlegen, stoße eine Rechtsänderung vor den Kopf. Den geforderten Technologiemix sieht Wolfram Axthelm eben auch dadurch erfüllt, dass die Windkraft auf zwei Prozent der Fläche Raum bekomme. "Platz dafür ist in Sachsen ausreichend vorhanden", so der BWE-Geschäftsführer.

In einer Statistik erfasst der BWE den Stand der Umsetzung des Wind-an-Land-Gesetzes für alle Bundesländer. Für Sachsen gibt es demnach viel zu tun. Denn von den zu erreichenden zwei Prozent ist der Freistaat weit entfernt: Zum im Gesetz genannten Etappenziel im Jahr 2027 sind noch 1,2 Prozent als Vorrangzonen zu definieren, bis 2032 muss Sachsen insgesamt noch 1,9 Prozent ausweisen. Gemäß dieser Berechnungen war also nach letztem verfügbaren Stand (Ende 2022) erst ein Gebiet von 0,1 Prozent der Landesfläche der Windenergie vorbehalten.

Auch der Landesverband Sachsen des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) blickt mit Sorge auf den Vorstoß. Er warnt vor "schwerwiegenden Konsequenzen des absehbaren schwarz-roten Koalitionsvertrags auf Bundesebene". Ausbau und Steuerung der Windenergie in Sachsen wären für Jahre blockiert. Es fehle zum Beispiel an personellen Ressourcen in den Planungsverbänden, "um bestehende Planungen abzubrechen und stattdessen neue Berechnungen auf Basis jährlicher Energieziele durchzuführen". Der BUND fordert, an den Flächenzielen festzuhalten.

MBI/vos/9.4.2025
Erschienen am 09.04.2025
letzte Aktualisierung am 09.04.2025