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Söder will durch früheren Kohleausstieg die bayerische Autoindustrie schonen

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung (Auflage: 268.110) Seite 16 Andreas Mihm

Originaltitel: Was steckt hinter Söders Kohleausstiegs-Plan?
Originaluntertitel: Bayern sorgt mal wieder für Wirbel in der Energiepolitik. Diesmal nicht als Bremser des
Netzausbaus, sondern als Kohleausstiegs-Beschleuniger.
„FAZ“-Autor Andreas Mihm erklärt Markus Söders Vorstoß, den Kohleausstieg auf das Jahr 2030 vorzuverlegen, so: „Womöglich zielt Söders Klima-Vorstoß nicht vor allem auf die Kohle, sondern soll den Druck auf Konzerne wie BMW und Audi mindern.“ Wenn man den Kohleausstieg beschleunigen würde, gewänne Söder für die Autoindustrie im Freistaat bei den Emissionen aus dem Verkehr noch einmal Luft.
In seinem kommentierenden Bericht ordnet „FAZ“-Autor Andreas Mihm den Vorstoß von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein, den spätestens für das Jahr 2038 geplanten Kohleausstieg auf das Jahr 2030 vorzuverlegen. Das falle Söder leicht, denn in Bayern gebe es kaum Kohlekraftwerke. Die Unterstützung von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) habe Söder. Viel mehr Unterstützer – außerhalb der CSU – seien es aber nicht. Nachdem die Ministerpräsidenten der Kohleländer Sachsen und Nordrhein-Westfalen protestiert hatten, habe auch der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gesagt: „Wir sind entschlossen umzusetzen, was die Kohlekommission beschlossen hat.“ Ähnlich wird der Präsident des DIHK Eric Schweitzer, Mitglied der Kohlekommision, zitiert. Felix Matthes vom Ökoinstitut (und ebenfalls in der Kohlekommission) habe den Söder-Vorschlag als „Affront“ gegen den Kompromiss der Kommission und gegen die ostdeutschen Kohleländer bezeichnet. Manuel Frondel, Energieökonom beim RWI in Essen, habe vorgerechnet, dass mit dem Atomausstieg und geplanten Stilllegungen konventioneller Kraftwerke bis zum Jahr 2022 allein 22.000 MW Leistung abgeschaltet würden. Frondel könne „nicht erkennen, wie ein auf 2030 vorgezogener Kohleausstieg die Versorgungssicherheit in Bayern verbessern soll.“ Der Ökonom und Regierungsberater Andreas Löschel – zugleich Vorsitzender der „Monitoring-Kommission“, die das Einhalten der Energiewende-Ziele begutachten soll – habe gesagt, bis zum Jahr 2030 gingen fast 60 Prozent der Kohlekraftwerke vom Netz. Löschel: „Bevor schärfere Vorgaben beschlossen werden, sollten wir die (…) geplanten Überprüfungen abwarten.“ Nach 2030 müssten 17.000 MW konventioneller Kraftwerke ersetzt werden. „Ob man dafür kurzfristig und sinnvoll Ersatz findet, da wäre ich erst einmal vorsichtig.“ Er sei von Söders Idee auch „verblüfft, da die nicht richtig mit den [Söders] Positionen zum Windstromausbau und den Netzen zusammenpasst“. Tatsächlich, so „FAZ“-Autor Mihm, habe der Widerstand Bayerns gegen den Bund-Länder-Kompromiss zum Stromnetzausbau dazu geführt, dass der Windstrom aus dem Norden „in großen Mengen frühestens fünf Jahre nach dem für 2022 geplanten Atomausstieg fließen wird.“ Auch der Ausbau der Windenergie in Bayern komme nicht voran. Mihms Erklärung für das alles: „Womöglich zielt Söders Klima-Vorstoß nicht vor allem auf die Kohle, sondern soll den Druck auf Konzerne wie BMW und Audi mindern.“ Die seien wichtig für Bayern. Aber der Autoverkehr habe real seit 1990 kaum CO₂-Emissionen eingespart. Zur argumentativen Unterstützung zitiert Mihm erneut Löschel: „Wenn man den Kohleausstieg beschleunigen würde, dann gewänne man für 2030 bei den Emissionen aus dem Verkehr und den Gebäuden noch einmal Luft.“
Erschienen am 25.06.2019
letzte Aktualisierung am 25.06.2019