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Strommix mit besserer CO2-Bilanz trotz wachsenden Gasanteils

Das erste Jahr ohne Energie aus Atomkraftwerken hat nicht zu einem Anstieg der CO2-Emissionen geführt. Der Rückgang bei Braun- und Steinkohle hat das Plus bei Gas überkompensiert.
Zwar nicht rein, aber immer sauberer: Die Stromerzeugung in Deutschland hat 2024 zu noch einmal weniger Ausstoß von schädlichem CO2 geführt. Das besagt eine Auswertung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE) vom 2. Januar. Es geht um die Nettoerzeugung, die den Eigenverbrauch von Kraftwerken herausrechnet.

Die öffentliche Stromerzeugung erfolgte demnach zu 62,7 Prozent aus erneuerbaren Erzeugungsanlagen. Das Fraunhofer ISE spricht von einem „Rekordanteil“. Die Menge an Ökostrom erreichte dabei den Wert von 275,2 Milliarden kWh Strom. Das ist 4,4 Prozent mehr als 2023 (267 Milliarden kWh).

Der Strommix, der letztlich der Zusammensetzung der in den Haushalten ankommenden Energie entspricht, sieht die Erneuerbaren insgesamt etwas niedriger. Dann sind es effektiv 56 Prozent und damit 0,7 Punkte mehr als im Jahr zuvor.

Dies liegt daran, dass die Last im Netz (Gesamt: 462 Milliarden kWh gegenüber 458 Milliarden kWh 2023) den Eigenverbrauch von Kraftwerken nicht mitzählt. Dieser lag zum Beispiel bei Solaranlagen immerhin bei 12,4 Milliarden kWh, auch hier ist 2024 ein Anstieg zu verzeichnen. Auch bezieht die Last den Pumpstromverbrauch nicht mit ein, allerdings immer auch die Netzverluste.

Erstes Jahr ohne Atomkraft: Mehr Gas und weniger Kohle verstromt

Das Fraunhofer ISE hält den deutschen Strom für eine immer sauberere Sache, weil eben die Atomkraft 2024 erstmals seit 1962 vollständig ausrangiert war und die konventionellen Kraftwerke dennoch insgesamt weniger produzierten. Seit 2014 fielen die Emissionen um mehr als die Hälfte, von 312 Millionen Tonnen auf nunmehr etwa 152 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Die deutsche Stromerzeugung ist damit 58 Prozent „sauberer“ als im ersten Jahr der Datenerhebung (1990).

So fiel der Beitrag der Braunkohle 2024 auf 71,1 Milliarden kWh (minus 8,4 Prozent gegenüber den 77,6 Milliarden kWh aus 2023). Hinzuzurechnen ist hierbei der Eigenverbrauch im industriellen Rahmen von 1,3 Milliarden kWh. Die Nettoproduktion aus Steinkohle brach um mehr als ein Viertel ein (27,6 Prozent ein und landete bei 24,2 Milliarden kWh (2023: 33,4 Milliarden kWh). Steinkohle fand in der Industrie selbst keine Verwendung mehr.

Erdgas trug mehr zur öffentlichen Stromproduktion bei: 48,4 Milliarden kWh bedeuten ein Plus von 9,5 Prozent. Ferner nutzte die Industrie diesen Energieträger für eine bedeutsame Menge von 25,6 Milliarden kWh.

Weil die Nettostromproduktion erst seit 2002 erfasst ist, bemüht das Fraunhofer ISE für die Bedeutung des Rückgangs bei der Kohle einen anderen Wert, den der Bruttostromerzeugung. Diese erreichte bei Braun- und Steinkohle 2024 einen Umfang von etwa 108 Milliarden kWh, dies entspricht dem Niveau des Jahres 1957.

Windkraft etwas schwächer, aber klar die Nummer eins

Bei den Ökoenergien bleibt die Windkraft Spitzenreiter mit 136,4 Milliarden kWh und 33 Prozent Anteil an der Stromerzeugung für den öffentlichen Verbrauch. Allerdings war ihr Beitrag im Jahr zuvor mit 139 Milliarden kWh etwas höher. An Land erzeugten die Turbinen weniger Strom: 110,7 Milliarden kWh gegenüber 115,3 Milliarden kWh im Jahr 2023. Meereswindparks verbesserten sich dagegen um 2,2 Milliarden kWh auf 25,7 Milliarden kWh.

Solaranlagen stehen in der Bilanz bei einem Plus von etwa 18 Prozent (10,8 Milliarden kWh) und insgesamt 72,2 Milliarden kWh. Abzüglich des Eigenverbrauchs blieben 59,8 Milliarden kWh für das öffentliche Netz. Das sind 14 Prozent der Nettostromerzeugung. Wasserkraft lag mit 21,7 Milliarden kWh leicht über dem Vorjahreswert (19,7 Milliarden kWh), Biomasse bei 36 Milliarden kWh.

Der Stromimport aus anderen Staaten stieg gegenüber 2023 (9,2 Milliarden kWh) noch einmal an, auf 24,9 Milliarden kWh. Das Fraunhofer ISE begründet dies mit den geringeren Erzeugungskosten und niedrigeren Preisen andernorts im Sommer. Im November fielen die Importe, auch weil die Börsenstrompreise anzogen und die fossile Stromerzeugung dadurch rentabler wurde. Die Kraftwerkskapazitäten Deutschlands, schlussfolgert das Institut, reichten somit auch im Winter für den Stromexport.


MBI/vos/3.1.2025
Erschienen am 03.01.2025
letzte Aktualisierung am 03.01.2025