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Umweltministerin Schulze nutzt den Klimadialog, um sich von der Kanzlerin abzusetzen

Quelle: taz.de Malte Kreutzfeldt

Originaltitel: Vorreiter sind längst die anderen
Originaluntertitel: Umweltministerin Svenja Schulze kritisiert Merkels Absage an schärfere EU-Klimaziele. Der Druck für Einführung einer CO2-Steuer nimmt zu.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat auf dem "Petersberger Klimadialog" Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) widersprochen und sich für das Ziel ausgesprochen, bis zum Jahr 2050 komplett klimaneutral zu werden. Angesichts dessen wird es interessant sein zu beobachten, was Merkel selbst am heutigen Dienstag beim "Klimadialog" zu sagen hat.
Beim "Petersberger Klimadialog" hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) einen schweren Stand. Deutschland gründete das Forum vor zehn Jahren, um nach dem gescheiterten Klimagipfel von Kopenhagen neuen Schwung in die Klimaschutz-Verhandlungen zu bringen. Damals konnte sich Deutschland als Vorbild fühlen, davon ist heute allerdings nicht mehr viel übrig, schließlich verfehlt die Bundesregierung ihre Klimaziele für 2020. Schlimmer noch: Bisher gibt es keinen Plan, wie die für 2030 erreicht werden sollen. Selbst was die Ziele bis 2050 anbelangt, ist Deutschland bislang alles andere als vorgeprescht. So lehnte es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vergangene Woche ab, gemeinsam mit acht anderen EU-Staaten das Ziel zu verfolgen, bis 2050 komplett klimaneutral zu werden. All das erschwert Schulzes Stand auf dem informellen Treffen mit ihren Amtskollegen aus aller Welt. Sie nutzte nun aber die Gelegenheit, um sich von Merkels Position abzusetzen. "Ich fände es sehr sinnvoll, dieser Initiative auch beizutreten", sagte sie in Berlin. Über ihren Sprecher, Steffen Seibert, konterte Merkel prompt: Das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, passe nicht zum deutschen Ziel, das bis dahin nur eine Reduktion der Emissionen um 80 bis 95 Prozent vorsieht. Doch nicht nur bei den Zielen steht Deutschland aktuell nicht in der ersten Reihe. Während hier noch über eine CO2-Abgabe gestritten wird, haben viele Länder, die am "Petersberger Klimadialog" teilnehmen längst eine solche Abgabe eingeführt, zum Beispiel Frankreich, Norwegen, Spanien und die Schweiz. Dabei ruft inzwischen sogar die deutsche Wirtschaft nach einer CO2-Steuer. So plädierte am Montag etwa der Chef des Energiekonzerns Eon, Johannes Teyssen, im "Tagesspiegel" für eine CO2-Steuer von anfangs 30 Euro pro Tonne, die später auf 35 Euro steigen solle (siehe Presse-Trend vom 13. Mai 2019). Schulze setzt nun darauf, dass es Fortschritte gibt, wenn die anderen Ressorts am 29. Mai im sogenannten Klimakabinett ihre Vorschläge präsentieren müssen. Angesichts dessen wird es interessant sein zu beobachten, welche Klimaschutz-Botschaft Merkel am heutigen Dienstag auf dem "Klimadialog" sendet.
Erschienen am 13.05.2019
letzte Aktualisierung am 14.05.2019