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Verband schlägt Entlastung aus Umlagekonto vor

Quelle: MBI EnergySource

Der Dachverband Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hat als erster Verband eine Entlastung der deutschen Haushalte aus dem EEG-Umlagekonto ins Gespräch gebracht. Präsidentin Simone Peter schlug am 6. September vor, aus dem Konto jedem Haushalt einmalig 400 Euro auszuschütten. Sie äußerte sich erfreut, dass die Denkfabrik Agora Energiewende ein solches Ansinnen unterstütze.
Peter sieht den Vorstoß als "Signal an die Bürger und Bürgerinnen: Ihr habt die erneuerbaren Energien finanziert, jetzt bekommt ihr etwas zurück". Von einer Zahlung an die Wirtschaft war nicht die Rede. Das EEG-Konto hatte am 31. Juli ein Guthaben von 16,9 Mrd. Euro. Geht es nach dem BEE, würden davon an die 40,683 Mio. deutschen Haushalte 16,273 Mrd. Euro ausgeschüttet werden, also fast alles. Der August-Saldo des Kontos dürfte in den nächsten Tagen veröffentlicht werden. Wegen der hohen Spotmarkt-Erlöse könnte das Plus noch höher ausfallen. 

Gleichzeitig stellte Peter ein "Erneuerbares Befreiungspaket" des BEE vor. Es soll den Ausbau im deutschen Strom- und Wärmemarkt fördern und den "preisdämpfenden Effekt" der Erneuerbaren ganz entfalten.

Die Heizmarkt-Forderungen

Ausdrücklich ins Zentrum stellte die Präsidentin den Wärmesektor:
Ausbauziele in Form von technologiespezifischen regenerativen Wärmemengen. Diese sollen von heute 190 Mrd. kWh auf 610 Mrd. 2030 und auf 840 Mrd. kWh 2045 ansteigen. Den steilsten Ausbaupfad unter den heute schon nennenswert verbreiteten Technologien hat die Wärmepumpe. Sie solle schon 2030 mit 200 Mrd.  kWh die zehnfache Wärmemenge von heute liefern.
Technologiespezifisch solle es etwa einen "Solarbooster-Bonus" für die Solarthermie geben. Die "umfangreichen Machbarkeitsstudien" für Solarheizungen sollen verschwinden, forderte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW).
das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) solle von einem "fossilen" zu einem erneubaren Förderinstrument umgebaut werden
das Ordnungsrecht solle zugunsten erneuerbarer Wärme verschärft werden, sowohl im Gebäudeenergiegesetz (GEG) als auch in den Förderprogrammen BEG und BEW. Das Fördervolumen in BEG, BEW und in der "Bundesförderung Effiziente Wärmenetze" solle erhöht werden.
das Schutzgut Klimaneutralität im Planungsrecht und die Privilegierung Erneuerbarer im Baugesetzbuch solle auf Wärme ausgeweitet werden.


Die Strom-Forderungen

Peter stellte darüber hinaus gewünschte "Nachjustierungen" für Grünstrom im Osterpaket vor. An kurzfristigen Maßnahmen für den Winter 2023/24 fordert der BEE etwa:
bei Windkraft und großer Photovoltaik ein Aussetzen der Abschaltungen. Diese und die Belegung der Netze durch konventionelle Kraftwerke habe im vorigen Jahr eine grüne Erzeugung von 5,8 Mrd. kWh verhindert.
eine höhere Bagatellgrenze für die Netzanschluss-Zertifizierung von PV, so Carsten Körnig vom BSW, um tausende vorhandene Anlagen in die Erzeugung zu bringen. Betreiber kleinerer Anlagen dürfen die Zertifizierung seit Kurzem auch nachreichen - ein "Etappensieg".
Mit Wirkung vom Winter 2024/25 an enthält das "Befreiungspaket" des BEE folgende Punkte:
die 10.000 MW Onshore-Windkraft und PV im Genehmigungsstau durch kürzere Fristen ans Netz bringen
den Vorrang der Erneuerbaren auch in Fachgesetzen verankern
Genehmigungen nach dem Vorbild von LNG gesetzlich beschleunigen
mehr Personal in Genehmigungsbehörden und Gemeinden
"Gefahr" durch Strompreisbremse und Gasumlagen

Was die vom Bund angekündigte Übergewinnabschöpfung und Strompreisbremse angeht, mahnte Simone Peter, kurzfristige Eingriffe in die Einsatzreihenfolge (Merit Order) im Stromgroßhandel allenfalls "behutsam" vorzunehmen. Investitionsbremsen wie in den letzten Jahren der Groko dürften "nicht nochmal passieren".

Der Präsident des Fachverbandes Biogas, Horst Seide, sekundierte ihr: Wenn die Biogasanlagenbetreiber nicht mehr auf die derzeitigen Day-ahead-Preise bieten könnten, ginge ihr Flexibilisierungsbeitrag verloren. Als die größere Gefahr bezeichnete er aber die Gasumlagen von kumuliert 4 Ct/kWh. Vielen langfristigen Lieferverträgen aus Biogasanlagen liege aber ein fixer Verkaufspreis von 7 Ct/kWh zugrunde. Dürften die Umlagen weiter nicht an die Kundschaft weitergegeben werden, werde es viele Biogas-Insolvenzen geben.

Gegen jede "Brücke"

Es komme jetzt, so wieder Peter, auf den Vorschlag an, den die EU-Kommission am 10. September den EU-Ministern zur Preisdämpfung vorlegen will. Vorher beteilige sich der BEE nicht an Spekulationen. Peter forderte von der Koalition, die "Plattform Klimaneutrales Stromsystem" für ein künftiges grünes Strommarktdesign noch in diesem Jahr zum Laufen zu bringen. Der Kohleausstieg müsse "spätestens" 2030 kommen - im Koalitionsvertrag steht "möglichst". Eine auch nur kurzfristige "atomare oder fossile Brücke" über den Winter hinweg lehnt Simone Peter nach wie vor ab.

MBI/geo/6.9.2022
Erschienen am 06.09.2022
letzte Aktualisierung am 06.09.2022