In Nordrhein-Westfalen gibt es ein Ringen um die Deutungshoheit beim Windkraft-Zubau. Der Kritik des Landesverbands Erneuerbare Energien (LEE NRW), im laufenden Prozess der Flächenausweisung einen Blockade-Paragrafen geschaffen zu haben (wir berichteten), widerspricht das zuständige Wirtschaftsministerium (MWIKE) nun auf Anfrage dieser Redaktion.
„Nirgendwo in Deutschland geht es mit so großen Schritten voran bei der Genehmigung von erneuerbaren Energien“ wie in NRW, sagt ein Sprecher des von Mona Neubaur (Grüne) geführten Ressorts. Als Beleg nennt er die Zahl von 1.800 MW an Kapazität, die bis Ende Juli genehmigte Anlagen zusammen erbringen. Dies sei schon jetzt mehr als im bisherigen Rekordjahr 2023 und Platz eins im Ländervergleich. Zudem befänden sich mehrere hundert Anlagen aktuell im Genehmigungsprozess.
Streitpunkt zwischen Lobbyverband und Landesregierung ist eine im Landesplanungsgesetz geschaffene Möglichkeit für die Bezirksregierungen, in den Planungsregionen Rückstellungsbescheide erlassen zu können. Damit frieren die Behörden laufende Genehmigungsverfahren ein. Davon sollen die Behörden Gebrauch machen, wenn die Projekte die laufenden Verfahren zur Aufstellung der Regionalpläne „erheblich erschweren oder unmöglich machen“, so der Sprecher.
Behörden legen Anträge für 80 Anlagen auf Eis
Die Pläne der insgesamt sechs NRW-Regionen sollen bis 2025 zusammen 1,8 Prozent der Gesamtfläche NRWs für Windkraft identifizieren. Schon jetzt zeigt sich, dass viele der blockierten Windkraft-Projekte außerhalb der ins Auge gefassten Areale für Windenergie liegen. Unternehmen, die im LEE NRW organisiert sind, haben bei einer Verbandsumfrage 52 Fälle gemeldet. Auf Nachfrage heißt es aus dem Ministerium, dass aktuell sogar 80 mögliche Anlagenstandorte von Rückstellungen der Bezirksregierungen betroffen seien.
Die aktuelle Anlagengeneration macht Turbinen mit einer Kapazität von mehr als 7 MW an Land möglich. Hochgerechnet kommen die 80 zurückgestellten Kraftwerke auf rund 600 MW, das ist etwa ein Drittel der laut Ministerium bis Ende Juli genehmigten Leistung. Dennoch bezeichnet der Sprecher dies als „einige wenige Zurückstellungen“.
NRW sei grundsätzlich auf einem guten Weg, das von der schwarz-grünen Regierung ausgegebene Ziel von 1.000 neuen Anlagen bis 2027 zu erreichen. Außerdem sei eine Zurückstellung nicht gleichbedeutend mit der Ablehnung einer Genehmigung.
Auch gegen den Vorwurf, es mangele an Vorgaben der Landesregierung für die mit den Plänen befassten Regionalräte, setzt sich der Sprecher zur Wehr. Dass die Regionen etwa die Möglichkeit haben, den Wald unterschiedlich stark in ihre Flächenkulisse einzubeziehen, folge den unterschiedlichen Raumstrukturen der Regionen.
In Ostwestfalen habe der Wald eine andere Bedeutung als etwa im zentralen Münsterland. Daher seien unterschiedliche Regelungen kein Zeichen fehlender Vorgaben der Landesregierung, sondern „tragen der Vielfalt Nordrhein-Westfalens Rechnung“.
Grundsätzlich will NRW schon im Laufe des Jahres 2025 seine Flächen an die Bundesregierung melden. Das Wind-an-Land-Gesetz räumt den Ländern eigentlich eine Frist bis 2032 ein. Eine Gefahr für den ehrgeizigen Zeitplan sieht der Ministeriumssprecher nicht.
Der LEE NRW hatte gewarnt, aus der Planungsregion Ruhrgebiet liege immer noch kein Entwurf vor. Die Landesregierung, so der Sprecher des MWIKE, gehe davon aus, dass die Flächenbeiträge aus allen sechs Planungsregionen im ersten Halbjahr 2025 vorliegen.
MBI/vos/30.8.2024
Windkraft/Nach Kritik verweist NRW-Regierung auf Rekord bei Genehmigungen
Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen tritt dem Eindruck entgegen, beim Ausbau der Windenergie das Tempo zu drosseln. Bis Ende Juli habe NRW Projekte mit 1.800 MW genehmigt.
Erschienen am
30.08.2024
letzte Aktualisierung am
30.08.2024